Klare Botschaft
Ein Plakatentwurf, der durch seine radikale Einfachheit überzeugte: Mit diesem Motiv gewann der junge Plakatkünstler Jupp Wiertz 1916 den dritten Preis eines von der AEG ausgelobten Wettbewerbs. Zuvor hatte das Elektrounternehmen noch ganz in kaiserzeitlicher Tradition mit der Göttin des Lichts für seine Glühbirnen geworbenWeiterlesen

Klare Botschaft
Ein Plakatentwurf, der durch seine radikale Einfachheit überzeugte: Mit diesem Motiv gewann der junge Plakatkünstler Jupp Wiertz 1916 den dritten Preis eines von der AEG ausgelobten Wettbewerbs. Zuvor hatte das Elektrounternehmen noch ganz in kaiserzeitlicher Tradition mit der Göttin des Lichts für seine Glühbirnen geworben. Unter dem Produktdesigner Peter Behrens, seit 1907 künstlerischer Berater der AEG, änderte das Unternehmen seine Werbestrategie. Jupp Wiertz entsprach ganz den Vorstellungen von Peter Behrens, der Plakate forderte, „deren Klarheit die technische Form des beworbenen Artikels spiegeln.“ Sein Entwurf reduziert die Werbebotschaft allein auf das Produkt – eine nackte Glühbirne in ihrer ganzen Strahlkraft – und den Namen des Herstellers.

Im Licht einer neuen Zeit
Glühlampen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nicht sehr verbreitet - in Berlin hatten weniger als zehn Prozent der Haushalte überhaupt einen Stromanschluss. Zur Zimmerbeleuchtung nutzte man Petroleumlampen oder Gaslicht. Die fest mit der häuslichen Gasversorgung verbundenen Decken- und Wandlampen waren jedoch wartungsintensiv und rochen oft unangenehm. Als der Engländer Thomas Alva Edison 1881 die elektrische Glühbirne auf den Markt brachte, erkannte der Berliner Ingenieur Emil Rathenau sofort deren Zukunftsfähigkeit. Er erwarb die Patente für Deutschland und gründete die Deutsche Edison-Gesellschaft, um die neuen Glühlampen zu produzieren. 1888 ging aus dem Unternehmen die Allgemeine Electricitäts-Gesellschaft, kurz AEG, hervor.

Modernes Marketing
Mit dem Siegeszug des elektrischen Lichts drängten zahllose Konkurrenzprodukte auf den Markt. Bald schon gab es eine verwirrende Vielfalt von Glühbirnen, die helleres Licht, geringeren Stromverbrauch oder eine längere Brenndauer versprachen. Um sich durchzusetzen war eine gute Markenpolitik gefragt. Peter Behrens setzte ganz auf die Überzeugungskraft eines modernen Erscheinungsbildes. Mit seinem alle Firmenbereiche umfassenden „AEG-Stil“ prägte er das, was wir heute als Corporate Identity kennen: Er gestaltete die verschiedenen Produkte und die Werbung des Unternehmens, aber auch Fabrikgebäude, Ausstellungs- und Verkaufsräume. Den Plakatentwurf von Jupp Wiertz und die anderen prämierten Plakatentwürfe nutzte er jedoch nicht. Stattdessen waren sie eine Woche lang im Verwaltungsgebäude der AEG ausgestellt und wurden in der Fachzeitschrift „Das Plakat“ veröffentlicht.

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Titel
AEG Drahtlampe
Allgemeine Bezeichnung
Plakat
Inventarnummer
PLA12
Sammlung
Druckgraphik-Zeichnungen
Anzahl der Teile
1
Herstellungsort
Berlin
Herstellungsdatum
1916
Hersteller
Wiertz, Jupp (Entwerfer) GND
Weylandt, Arnold (Drucker) GND
Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (Auftraggeber) GND
Maße
65,0 x 85,6 cm (Blatt)
Klassifikation
Plakat (Produktwerbung Hausgeräte)
Druckgraphik
Gebrauchsgraphik
Material und Technik
Lithographie in fünf Farben
Beschreibung
Bild und Text des streng symmetrisch angelegten und mit wenigen klaren Farben ausgeführten Anschlags sind auf das beworbene Produkt und das werbende Unternehmen reduziert. Die klar umrissene Glühlampe schwebt frei vor einer tiefschwarzen Folie. Ihre blendend weißen, kristallinen Lichtstrahlen scheinen den dunklen Grund zu zerschneiden. Den dominanten Gegenpol der Glühlampe bilden in farblichem und formalem Kontrast drei orange-rot 'glimmende' Frakturbuchstaben: AEG. - Ausst.Kat. Nürnberg 2009, S. 197
Vermerk am Objekt
Inschrift: recto unten Mitte: AEG | Drahtlampe
recto unten links: KUNSTANSTALT | WEYLANDT | BERLIN SO16
recto unten rechts: JUPP WIERTZ
verso, in Bleistift: 65 Stück

Literatur
Industriekultur. Peter Behrens und die AEG 1907–1914. Ausst.Kat. Internationales Design Zentrum e.V. Berlin. Bearb. von Tilmann Buddensieg, Henning Rogge, Gabriele Heidecker, Karin Wilhelm. Berlin 1978, S. 35 (Gabriele Heidecker) Link zur Bibliothek
The Modern Poster. Ausst.Kat. The Museum of Modern Art, New York. Bearb. von Stuart Wrede. New York 1988, S. 88, Nr. 65 Link zur Bibliothek
Strategien der Werbekunst 1850–1933. Ausst.Kat. Deutsches Historisches Museum, Berlin. Hrsg. von Jörg Meißner. Berlin 2004, S. 257, Nr. VII/39 Link zur Bibliothek
Plakativ! Produktwerbung im Plakat 1885–1965. Die Nürnberger Plakatsammlung - eine Stiftung der GfK und der NAA im Germanischen Nationalmuseum. Ausst.Kat. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, 19. November 2009 – 11. April 2010. Bearb. von Yasmin Doosry und hrsg. von G. Ulrich Großmann. Ostfildern/Nürnberg 2009, S. 63 (Rainer Schoch), 197 (Yasmin Doosry), 512, Nr. 105, Abb. S. 197, 211 Link zur Bibliothek