Von der Idee zum Werk
Bis ins kleinste Detail entwirft der Goldschmied Wenzel Jamnitzer mit dieser Zeichnung eine reich geschmückte Prunkschale. Solche sogenannten Visierungen waren wichtige Schritte im Werkprozess. Mit ihnen baten Künstler um die Freigabe eines Entwurfs, bevor sie mit der Ausführung begannen. Jamnitzer hatte den Auftrag für den Tafelaufsatz vom Nürnberger Rat erhalten. Am 14. Dezember 1549 bekam er für das fertigeWeiterlesen
Von der Idee zum Werk
Bis ins kleinste Detail entwirft der Goldschmied Wenzel Jamnitzer mit dieser Zeichnung eine reich geschmückte Prunkschale. Solche sogenannten Visierungen waren wichtige Schritte im Werkprozess. Mit ihnen baten Künstler um die Freigabe eines Entwurfs, bevor sie mit der Ausführung begannen. Jamnitzer hatte den Auftrag für den Tafelaufsatz vom Nürnberger Rat erhalten. Am 14. Dezember 1549 bekam er für das fertige Werk die nach damaligen Verhältnissen astronomische Summe von 1228 Gulden und 10 Schillingen. Der Tafelaufsatz zeigt Nürnberger Goldschmiedekunst in höchster Vollendung. Möglicherweise war er als Ehrengeschenk der Stadt für einen kaiserlichen Besuch vorgesehen. Die Prunkschale blieb allerdings zunächst im Besitz des Rats. 1809 kaufte sie der reiche Kaufmann und Marktaufseher Paul Wolfgang Merkel. Seit 1880 befindet sie sich im Rijksmuseum in Amsterdam.
Veränderungen im Bildprogramm
Die Zeichnung lässt ahnen, wie farbig die Goldschmiedearbeit einst war. Heute finden sich nur noch wenige Farbreste auf dem Edelmetall des Tafelaufsatzes. Ein Vergleich von Entwurf und Werk zeigt vor allem, dass Jamnitzer das Bildprogramm grundlegend überarbeitete. Auf der Visierung der Prunkschale war als Schaft Ceres, die römische Göttin der Feldfrüchte und des Wachstums vorgesehen. Die bei Tisch auf dem Tafelaufsatz drapierten Früchte sollten so erscheinen, als seien sie direkt ihrem gewundenen Füllhorn entsprungen. In der Goldschmiedearbeit ersetzte Jamnitzer die römische Göttin durch eine Frauenfigur, die mit erhobenen Armen die breite Schale trägt. Durch eine Inschrift ist sie als „Terra“, als Mutter Erde, gekennzeichnet. Am unteren Rand der Schale fügte Jamnitzer außerdem mehrere Adler hinzu. Als Wappentiere des Reichs könnten sie ein Hinweis darauf sein, dass der Tafelaufsatz tatsächlich für den Kaiser bestimmt war.
Das Werk vieler Hände?
Die Zeichnung in der originalen Größe der Goldschmiedearbeit gibt auch einen Einblick in die Arbeitsweise Jamnitzers: Der Entwurf ist aus fünf unterschiedlichen Papierbögen zusammengesetzt. Dies könnte am begrenzten Bogenformat des handgeschöpften Papiers liegen. Auffällig ist aber auch, dass auf jedem Bogen genau ein Segment des Gefäßes abgebildet ist. Das erleichterte die Arbeit, wenn der Auftraggeber Nachbesserungen forderte – was ja offensichtlich der Fall war. Jamnitzer konnte einfach die entsprechenden Segmente durch neue Teilentwürfe ersetzen, ohne die vollständige Zeichnung mit allen Details wiederholen zu müssen. Der Tafelaufsatz gehört heute zu den bekanntesten Werken des Nürnberger Goldschmieds.