Elegante Schlichtheit
Auf den ersten Blick besticht die Keramik-Vase durch ihre Schlichtheit, ihre leuchtend kobaltblaue Farbe und ihre elegante Knospenform. Sie entstand um 1870 in der Pariser Werkstatt von Théodore Deck. Über dem Standring geht die zylindrische Vase in lange blattartige Gebilde über, zwischen denen ein niedriger Hals sitzt. Erst bei Mehr

Elegante Schlichtheit
Auf den ersten Blick besticht die Keramik-Vase durch ihre Schlichtheit, ihre leuchtend kobaltblaue Farbe und ihre elegante Knospenform. Sie entstand um 1870 in der Pariser Werkstatt von Théodore Deck. Über dem Standring geht die zylindrische Vase in lange blattartige Gebilde über, zwischen denen ein niedriger Hals sitzt. Erst bei genauerer Betrachtung fallen zwei Ornamentbänder auf: Über dem Standring liegen Wellen und um den Hals ein Rautenmuster. In der blauglasierten Bodenfläche ist die Marke TH DECK eingepresst.

Erneuerer der Keramik
Joseph-Théodore Deck (1823–1891) war zunächst Lehrling in Straßburg. Auf seiner Wanderschaft kam er nach Österreich und nach Preußen. 1856 eröffnete er zusammen mit seinem Bruder in Paris eine Werkstatt für dekorative Keramik. Er gilt als Erneuerer der Fayence-Erzeugung, wobei er alte Techniken mit modernen Verfahren neu entwickelte. Seine Erkenntnisse veröffentlichte er 1887 in dem Buch „La Faïence“, welches zu einem Standardwerk seines Genres wurde. Auch die vorliegende Vase ist eine Fayence. Man bezeichnet damit Keramik, deren gelblicher oder rötlicher Scherben mit einer zinnoxidhaltigen, deckenden Glasur überzogen ist. Oft war die Glasur weiß und man bemalte sie mit blauen Motiven – aber nicht immer, wie dieses Beispiel zeigt.

Weltweite Inspiration
1862 zeigte Deck erstmals islamischen Dekor auf seinen Erzeugnissen. Gleichzeitig erforschte und perfektionierte er die dazugehörigen Handwerkstechniken. Von der Japan-Begeisterung der 1870er Jahre ließ er sich ebenso wie die meisten europäischen Kunstschaffenden anstecken. Im darauffolgenden Jahrzehnt erkundete er dann die chinesische Keramiktradition. Bei der vorliegenden Vase ist nur ein vager außereuropäischer Einfluss zu erkennen. Im Vergleich dazu waren andere Stücke Decks wesentlich komplexer und virtuoser. Seine Werkstatt stellte auf mehreren Weltausstellungen aus und erzielte dort große Erfolge. Auf der Pariser Weltausstellung von 1878 erwarb das Bayerische Gewerbemuseum die dargestellte Vase für seine Lehrsammlung.

Weniger
Titel
Vase
Allgemeine Bezeichnung
Vase
Inventarnummer
LGA5637
Sammlung
Gewerbemuseum
Anzahl der Teile
1
Herstellungsort
Paris (Frankreich)
Herstellungsdatum
um 1870
Hersteller
Faience d'Art Theodore Deck
Maße
H. 47,3 cm; Dm. 20,5 cm; Dm. (Fuß) 12,5 cm
Material und Technik
Ton (hellgelber Scherben), glasiert
Standort
Dauerausstellung Gewerbemuseum
Beschreibung
Große knospenförmige Vase in Kobaltblau mit niederem engen Hals und wulstigem Fuß im Stil des chinesischen Porzellans der Quing-Dynastie. Über dem Standring geht die Zylinderform der Vase in lange blattartige Gebilde über, zwischen denen ein niedriger Hals sitzt. Über dem Standring ist ein Wellenband und um den Hals ein Rautenornamentband gelegt. Die Schulter und der Körper sind mit Buckeln bedeckt und laufen unten glatt aus. Marke: In der blauglasierten Bodenfläche TH DECK eingepresst. Joseph-Théodore Deck (1823 Gebweiler/Elsaß-1891 Sèvres) war zunächst Lehrling in der Straßburger Ofenfabrik Hügelin. Auf Wanderschaft kam er nach Österreich, Preußen zur Ofen- und Kachelfabrik Feilner in Berlin. 1856 eröffnete er zus. mit seinem Bruder in Paris eine Werkstatt für dekorative Keramik. Später zog er nach Paris -Vaugirard, wo er Georges Pulls Nachbar wurde. Viele Neuerungen in der Fayenceerzegung. Erfolge auf den Weltausstellungen 1861, 1862. 1862 zeigte er erstmals islamischen Dekor auf seinen Erzeugnissen. Er verwendete einen besonderen Ton mit Frittenzusatz. Berühmte Mitarbeiter von ihm Felix Braquemont und Edmond Lachenal. Erworben 1878 auf der Pariser Weltausstellung.
Vermerk am Objekt
Beschriftung: TH DECK)

Literatur
Landesgewerbeanstalt Bayern (Hg.): Das Gewerbemuseum der LGA im Germanischen Nationalmuseum. Nürnberg 1989,S. 202, Nr. 172 und Abb. S. 203.
Verzeichnis der Ankäufe und Erwerbungen des Bayerischen Gewerbemuseums auf der Ausstellung in Paris 1878. In: Mitteilungen des Bayerischen Gewerbemuseums in Nürnberg, 1879, Nr. 2, hier S. 31, Nr. 119.
Der Traum vom Glück. Die Kunst des Historismus in Europa. Hrsg. von Werner Telesko/Hermann Fillitz. Wien [etc.] 1996, S. 606, Nr. 21.131.
Silvia Glaser: 150 Jahre Bayerisches Gewerbemuseum Nürnberg. Nürnberg 2019, Kat. 36 und Abb. S. 55. Link zur Bibliothek

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