Schwebender Engel (Pl.O.2509)

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Titel

Schwebender Engel

Allgemeine Bezeichnung

Figur aus Lindenholz (Pl.O.2509-2511; Engel)

Inventarnummer

Pl.O.2509

Sammlung

Skulptur bis 1800

Anzahl der Teile

Hersteller

Ignaz Günther (1725-1775)
Ignaz Günther (1725-1775); geb. 1725 in Altmannstein (Oberpfalz); erste Ausbildung beim Vater, Johann Georg Günther, ab 1743 Schüler und Mitarbeiter des Johann Baptist Straub (vgl. Maué Kat.Nr. 131) in München; ab 1750 Wanderjahre (Salzburg, Mannheim- Werkstatt Paul Egells-Mähren); 1753 Schüler der Wiener Akademie; Ende 1753 in München, wo ihm 1754 Hofschutz gewährt wird; gest. 1775 in München (Bildhauer in Holz; vor allem für kirchliche Auftraggeber in München und Oberbayern tätig; Hauptwerke u.a.: Altarausstattung der Klosterkirche Rott am Inn (ab 1760), Schutzengelgruppe im Münchner Bürgersaal (1763), Prozessionsgruppen in Weyarner Klosterkirche (1764); neben Straub (den er an pointiertem Ausdruck und Eleganz übertrifft) bedeutendster Bildhauer des Münchner Rokoko)

Herstellungsdatum

um 1770

Herstellungsort

Standort

Dauerausstellung Renaissance, Barock, Aufklärung

Maße

H. 135 cm; B. ca. 130 cm; T. ca. 50 cm

Material und Technik

Lindenholz - farbig gefasst, Ornamente vergoldet

Darstellung

als schlanker Jüngling mit langem, lockigem Haar wiedergegebener Engel in Frontalansicht

Zustandsbeschreibung

Es fehlen der - womöglich teilweise entlang der alten Ansatzfuge des Arms parallel zur Maserung - abgetrennte linke Arm und ein Stück des darunterliegenden Tuches; außerdem an der rechten Hand der kleine Finger und die beiden oberen Glieder des Zeigefingers sowie am linken Fuß ein Stück der großen Zehe. Im linken Flügel sind die Spitzen einer vorderen und zweier mittlerer Schwungfedern abgebrochen. Fehlstelle an der linken Seite teilweise mit Kitt(?) bedeckt, einige kleine Befestigungslöcher im Holz. Ansatzstelle des rechten Flügels erneuert (?), der linke Flügel ursprünglich nicht zugehörig, aber wohl auch aus der Günther-Werkstatt, da in der Machart sehr ähnlich. Fassung schadhaft: Inkarnat nur am Kopf, v.a. in der rechten Gesichtshälfte erhalten, Fassung von Gewand und Haar stark abgerieben. Flügel nur noch mit Kreidegrund versehen, der rechte weißlich, der linke bräunlich. Zahlreiche Risse. Auf der Rückseite Reste eines späteren Überzugs mit einer Kupfer-Messing-Legierung.

Beziehung zu anderen Objekten

Drei schwebende Engel; Engel mit ausgebreiteten Flügeln; Engel mit zurückgelegtem Kopf; Engel mit Schutzpanzer; Inventarnummer(n): Pl.O.2509; 2510; 2511;

Beschreibung

Vollplastische Figur mit abgeflachter Rückseite. Der als schlanker Jüngling mit langem, lockigem Haar wiedergegebene Engel schwebt mit waagerecht weit ausgespannten Flügeln und blickt über die rechte Schulter hinweg abwärts. Der Kopfwendung entsprechen die zur rechten Seite gerichteten, leicht angewinkelten Beine, während beide Arme zur linken Seite hin agieren. Der - heute verlorene -linke Arm war in Schulterhöhe erhoben, der rechte ist in Taillenhöhe abgewinkelt, die Hand vollzieht eine lockere Greifbewegung. Der Engel wendet sich von dem Gegenstand ab, den er mit den Händen berührte oder dem er zugeordnet war, und richtet den Blick auf den unter ihm stehenden Betrachter. Dabei sind die perspektivisch verzerrte Halspartie und die nur summarisch bearbeitete Haarmasse über der linken Schulter Indizien dafür, dass die Figur auf eine Ansicht berechnet ist, die das Gesicht des Engels und die Beine nahezu frontal zeigt. Diese Ansicht bringt auch den seitlich weit wegflatternden Zipfel des großen, am Saum mit Rocaillen und Blütenzweigen bestickten Tuchs zur Geltung, das, von der linken Schulter ausgehend, die Hüften des Engels bedeckt und im Hochwehen über dem rechten Oberschenkel die Innenseite mit dem schlichten Randmuster freigibt. Die Modellierung des Körpers betont die Geschmeidigkeit und Glätte der Haut. Die Stoffbehandlung unterstreicht den Kontrast zwischen glatten Partien und in sich vielfach gebrochenen, wie zerknittert aussehenden Flächen im Bereich der Faltenzüge. Die buckelartig zusammengefaßten Haare sind nur am Rand der Locken durch flache Aushöhlungen plastisch differenziert; ansonsten geschieht ihre Modellierung durch flache, eingekerbte Linien. Über gelblichem Kreidegrund helles, rosiges Inkarnat; Augen dunkelbraun mit weißen Glanzlichtern, Lippen hellrot, Haare hellbraun. Gewand graublau, Ornamente golden.

Vitrinentext

Sammelkommentar: Die bayerischen Altarbauten des 18. Jh. werden von zahllosen Engelsfiguren bevölkert. Die wohl schönsten Exemplare schuf Ignaz Günther, der bedeutendste Meister der Münchener Rokokoplastik. Ihrem Ausdruck nach irdischen Sorgen entrückt, präsentierten die Engel das im Altargemälde geschilderte Ereignis. Ihre Qualität zeigt sich in aufeinander abgestimmten Gesten und in differenzierter Gestaltung der Leiber, Frisuren, Flügel und Gewänder. Selbst die Farbfassung der Skulpturen dürfte nach Vorgaben des Bildhauers erfolgt sein.

Hovering Angel. Limewood, polychromed, ornamentation gilded. Summary: 18th-century Bavarian altarpieces were populated with countless angels. Perhaps the most beautiful examples were created by Ignaz Günther, the foremost master of Munich Rococo sculpture. With expressions suggesting they are far removed from earthly concerns, the angels presented the event depicted in the altarpiece painting. Their quality is seen in the careful coordination of gestures and in the subtle differentiation of parts of the body. Even the polychromy was probably applied in accordance with the sculptor's specifications.

Literatur

79. Jahresbericht des GNM (1932) S. 3 und Titelbild (Kat.Nr. 118). - Deutsche Kunst und Kultur im GNM (1952) Abb. S. 191 (Kat.Nr. 118). - Führer (1977) S. 127, Kat.Nr. 325 mit Farbabb. (Kat.Nr. 118). - Germanisches Nationalmuseum Nürnberg. Braunschweig 1979 (= Westermann Museum) Jg. 1979, Nr. 10, S. 56, Abb. S. 58 (Kat.Nr. 118) - Führer (1980) S. 127, Kat.Nr. 325 mit Farbabb. (Kat.Nr. 119). - Schatzkammer (1982) S. 166, Farbabb. 150 (Kat.Nr. 119) - Führer (1985) S. 131, Kat.Nr. 310 mit Farbabb. (Kat.Nr. 119). - Ditner, David Charles : Seventeenth and eighteenth century European sculpture in the Cleveland Museum of Art. Diss. Microfiche. Cleveland 1986, S. 359. - Volk, Peter: Ignaz Günther. Vollendung des Rokoko. Regensburg 1991, S. 251.- Volk, Peter: Ignaz Günthers Arbeiten für St. Maximilian in München. In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, 3. Folge, Bd. 43, 1992, S. 161. - Führer (1994) S. 131, Kat.Nr. 310 mit Farbabb. (Kat.Nr. 119). - Faszination Meisterwerk. Dürer, Rembrandt, Riemenschneider. Ausst.Kat. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg. Hrsg. von G. Ulrich Großmann. Nürnberg 2004, S. 219. - Maué, Claudia: Die Bildwerke des 17. und 18. Jahrhunderts im Germanischen Nationalmuseum. Teil 2: Bayern, Österreich, Italien, Spanien. Mit kunsttechnologischen Untersuchungen von Katja Telp und Holzartenbestimmungen von Gudrun Weiner. Bestandskatalog (Kataloge des Germanischen Nationalmuseums). Mainz 2005, Nr. 118--120, S. 50--59. - Johannes Hamm. In: Renaissance. Barock. Aufklärung. Kunst und Kultur vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. (Die Schausammlungen des Germanischen Nationalmuseums, Bd. 3) Nürnberg 2010, S. 316, Abb. 218, 477--478. - Frank Matthias Kammel: Vergegenwärtigungen des Engels. Stereotyp und Geschlechterfantasie. In: meditation. Zf. für christliche Spiritualität und lebensgestaltung, Jg. 39, H. 4, 2013, S. 32.

Feulner (1920) S. 12; ; Wilm (1933) S. 278, Abb. S. 277 und Tafel gegenüber (Kat.Nr. 118); Lutze (1935) S. 83 (erwähnt); Feulner (1947) S. 51 und 132 (Nachtrag); Ausstellungskatalog Ignaz Günther (1951) S. 31, Kat.Nr. 72 (mit Abb. von Kat.Nr. 118); ; Schönberger (1954) S. 78, Abb. 106-109 (Kat.Nr. 118 und 120); Ausstellungskatalog Schönheit des 18. Jahrhunderts (1955) S. 84, Kat.Nr. 411 (Kat.Nr. 118); Woeckel (1975) S. 344

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