Freigeist Heine
Denkmäler sind mit Öffentlichkeit und kollektiver Erinnerung untrennbar verbunden. Nationen, Länder oder Städte stellen ihre Helden und Heldinnen auf einen Sockel, um damit an eine Person, ihr Handeln und Wirken auf und für die Gemeinschaft zu erinnern. Mit dieser kleinformatigen Figur des Dichters Heinrich Heine greift Theodor von Gosen auf eine Tradition zurück, Persönlichkeiten aus Kunst, Wissenschaft oder Philosophie als SitzfigureWeiterlesen
Freigeist Heine
Denkmäler sind mit Öffentlichkeit und kollektiver Erinnerung untrennbar verbunden. Nationen, Länder oder Städte stellen ihre Helden und Heldinnen auf einen Sockel, um damit an eine Person, ihr Handeln und Wirken auf und für die Gemeinschaft zu erinnern. Mit dieser kleinformatigen Figur des Dichters Heinrich Heine greift Theodor von Gosen auf eine Tradition zurück, Persönlichkeiten aus Kunst, Wissenschaft oder Philosophie als Sitzfiguren zu porträtieren. Mit der Feder in der Hand wirkt die kleine Bronze wie eine Momentaufnahme, als könne man Heine beim Nachdenken zusehen. Die betonte Lässigkeit, mit der er zurückgelehnt den Kopf zur Seite neigt, zeigt uns einen Freigeist und eine Leichtigkeit, der Heine in der deutschen Literatur auch stilistisch ein Denkmal setzte. Der Person Heine stand Deutschland jedoch lange kritisch gegenüber.
Ein deutscher Dichter?
Heinrich Heine gilt als einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Infolge seiner Begeisterung für die französische Julirevolution zog Heine 1831 nach Paris. Als Anhänger der Revolution und scharfer Kritiker der deutschen Kleinstaaterei erhielt er ab 1833 zunächst in Preußen Publikationsverbot, ab 1835 in allen Gebieten des Deutschen Bundes. Damit wurde Frankreich – der „Erbfeind“ Deutschlands –, für Heine zum Exil, wo er bis zu seinem Tod 1856 lebte. 1897 sollte in Heines Geburtsstadt Düsseldorf zum hundertsten Geburtstag ein Denkmal zu seinen Ehren errichtet werden. Dagegen regte sich allerdings erbitterter Widerstand. Denn spätestens seit dem Sieg über Frankreich und der deutschen Reichsgründung 1871 hatten Nationalismus und Deutschtümelei immer mehr zugenommen. Ein Denkmal für Heine sei ein Angriff gegen die „deutsche Art“. Er sei „durch und durch Jude, kein echter Deutscher“, sein Internationalismus eine „vaterlandslose Frivolität“.
Denkmal für zuhause
Die Ausführung des geplanten Denkmals, ein Loreley-Brunnen nach einem Entwurf von Ernst Herter, wurde auf deutschem Boden verhindert. Eine Initiative des deutschen Sängervereins Arion in New York engagierte sich schließlich für die Umsetzung, sodass der Brunnen im Stadtteil Bronx in einem kleinen Park aufgestellt und 1899 eingeweiht wurde. Eine öffentliche Ehrung Heines in Deutschland war hingegen unmöglich und konnte letztlich nur im privaten Umfeld stattfinden. 1898 setzte Theodor von Gosen seine knapp 44 cm hohe Arbeit ohne Auftrag und als Zimmerdenkmal um. Diese Denkmalform ist Ausdruck eines sich emanzipierenden Bürgertums, das im häuslichen Bereich eine persönliche Kultur des Erinnerns pflegte.