"Mitten hinten steht Joseph mit einer Kappe auf dem Kopf und gefalteten Händen im Tor einer Hütte, neben der links der Stall ist, in dem man die Köpfe von Ochs und Esel erblickt. In der Mitte des Vordergrundes kniet etwas nach links gewendet mit auf der Brust gekreuzten Händen die Jungfrau mit Strahlennimbus und blickt auf das links auf einem Strahlenkranz liegende Kind, das die linke Hand erhebt und dessen Kopf weit in die Umrahmung hineinragt. Oben links schwebt ein Engel, der ein kurzes schwarzes Band mit weißen Strichen hält. Die Umrahmung besteht aus einem Stabmuster mit einzelstehenden gefiederten Blättern. […]" (Schreiber V.10.2194a) Schreiber scheint die Blätter des GNM allerdings nicht in das Handbuch der Holz- und Metallschnitte des XV. Jahrhunderts aufgenommen zu haben. Schreiber-Zuschreibungen in den Passepartouts sind daher nicht zutreffend. In Schreibers Manuel wird höchstwahrscheinlich die Inkunabel unserer Bibliothek (Inc. 8° 33492) referiert. Schreiber vernachlässigt, dass dieses Blatt in mehreren Ausgaben des Horologium devotionis als Titelblatt sowie als Illustration dient. In München findet sich eine identische Abbildung in einem gedruckten Buch (Bayerische Staatsbibliothek, Inc.s.a. 108#Beibd.2), die unter dem Drucker Ulrich Zell auf 1488 datiert wird. Das Nürnberger Fragment muss ebenfalls aus dieser Ausgabe sein, denn die Typographie auf der Rückseite ist identisch! Die Bildkomposition bedient sich hierbei einem traditionellen-ikonographischen Modell, das im Falle eines Drucks (TU Darmstadt, inc-i-45 [Inc. I 45]) nicht als Metallschnitt, sondern auch als Holzschnitt daherkommt. Dieses Blatt ist eine Ausnahme in der Passionsfolge unserer Sammlung (H1761-H1784). Die Serie besteht größtenteils aus Blättern, die Landen in der Inkunabel Horologium devotioninis um 1500 in Köln abdruckte. Auf jedem der dazugehörigen Blätter, in der Zahl 23 von 24, finden sich Druckstellen zweier Nägel. Die Typographie (verso) ist mit jener Publikation identisch. Ausnahme ist wie zuvor erwähnt H1762 (Christi Geburt). Die Typographie auf der Rückseite verweist eindeutig auf die frühere Kölner Ausgabe, die von Ulrich Zell ab 1488 gedruckt wurde. Ebenfalls fehlen die Nägelabdrücke. Der Schrotschnitt Christi Geburt findet sich nicht im Horologium devotionis von Landen. Dort dient ein kleinformatiger Holzschnitt als Darstellung. Dies verdeutlicht, dass unsere Folge deutlich später zusammengestellt wurde. "Sodann finden sich noch vier Einzelblätter einer dritten Ausgabe (Pietá, Grablegung, Himmelfahrt und Ausgießung des heil. Geistes) [3) Letzteres Blatt nur als Fragment.] im germanischen Museum (Inv. H. 1804-1807). Sie sind aber von anderen Platten gedruckt, als die 24 Blätter der Landen‘schen Ausgabe [4) In jener fehlt auch die Pietá]), zu denen sie sich gegenseitig verhalten und auch andere Abweichungen zeigen. Sie haben keine Nagelköpfe in den Bordüren, aber ebenfalls gedruckten Text auf der Rückseite." (Lehrs 17) Laut Lehrs sind 12 Blätter Kopien nach dem Erasmus-Meister. Eventuell weitere Beziehungen zu: Werkstatt der Kirchenväterbordüre, Meister der Berliner Passion, Bandrollenmeister, Meister mit den Blumenrahmen.