Beschreibung
Insgesamt drei Kapitelle (vgl. A 3450-52) aus der Ruine der ehemals Fuldaischen Propsteikirche Solnhofen an der Altmühl.
Hellgrauer Kalkstein mit älterer roter Bemalung auf dem Volutenkapitell (A 3450), die übrigen heute ohne Farbreste. Im Blattwerk des Volutenkapitells zahlreiche Ergänzungen. Bei Kapitell A 3451 drei Ecken der Deckplatte abgebrochen, von Kapitell 3452 nur etwas mehr als die Hälfte (vorderer) erhalten, wobei außerdem der obere Teil des Blattwerkes abgearbeitet worden ist. Die Kapitelle - aus den westlichen Arkaden der nördlichen Mittelschiffwand der Kirche in Solnhofen- saßen ursprünglich je auf einer Säule mit ungewöhnlich starker Schwellung über einem mehrere Zentimeter breiten oberen Abschlusswulst und trugen reich profilierte trapezförmig sich nach oben verbreiternde Kämpferplatten. Kapitell und Säulen sind in der Ruine heute durch Zementabgüsse ersetzt. Der Kapitellkorn ist mir Blattrankwerk bedeckt, das in mehreren Reihen mit spiegelbildlichen Einrollungen vom unteren Rand her aufwächst. Die kerbenschnittartigen, striemenförmigen Stengel und Blätter sind mit Zierbohrlöchern übersät. Bei dem ursprünglichen westlichen Kapitell (A 3450) sind die Blätter fleischiger und freier bewegt und wachsen auf Vorder- und Rückseite des Kapitells je in Form einer einzigen Staude auf. Auffallendster Bestandteil dieses einen Kapitells sind die mit einem Balteus zusammengehaltenen seitlichen Volutenpolster, die anders als beim korinthischen Kapitell nicht Teil des Rankenwerkes sind, sondern wie die Polster eines ionischen Kapitells die Deckplatten tragen, während die Ranken ihnen in ihrer Führung deutlich ausweichen und nur die restliche Oberfläche des Kapitells bedeckt. Den oberen Abschluss sämtlicher Kapitelle bildet eine in der Mitte der vier Seiten jeweils stark eingezogene Deckplatte, auf der erst der Kämpfer aufsitzt; die freistehenden Ecken jedoch nur teilweise erhalten.
Die Datierung der Kapitelle ergibt sich aus ihrer Lage im Bau unmittelbar vor dem Grabe des hl. Sola (gest. 794). Ältere Überlieferung nennt ein Weihdatum im Jahre 819; jedenfalls stand die Basilika zur Zeit der Reise des Rudolf von Fulda nach Solnhofen 836-38 (MGH SCRIPT. 15,1, S. 333 und 336). Die Einordnung in die Geschichte der karolingischen Bauplastik ist bisher nur unvollkommen gelungen; Volutenkapitelle einfacherer Art gibt es in Fulda, dem Solnhofen seit dem späten 8. Jahrhundert inkorporiert war.
Milojčić hat überzeugend auf ähnliche Ornamentformen in der gleichzeitigen St. Gallener Buchmalerei hingewiesen, deren Zusammenhang mit Fuldaer karolingischer Kunst noch weiterer Aufhellung bedarf. Jedenfalls gehören die Kapitelle zu den originellsten Zeugnisse deutscher Baukunst und sind mit ihrer Aufnahme antiker Formen bei einerseits erstaunlich freiem fleischigem Blattwerk, andererseits mittelalterlich ornamentalisierenden Formen typische Beispiele jener Freiheit, die die karolingische Kunst als Zwischenphase zwischen Spätantike und Mittelalter kennzeichnet.
A 3450 Kapitell mit ionischen Voluten
A 3451 Vollständig erhaltenes Kapitell mit Ranken
A 3452 Fragmentarisches Kapitell mit Ranken