Krieg als Spiel
Die Rüstungen erscheinen wehrhaft und funktional, waren für den Krieg jedoch völlig ungeeignet. Mit Eisenplatten von bis zu neun Millimetern sind sie viel zu schwer – in der Schlacht verwendete man wesentlich dünnere und leichtere Rüstungen. Zudem schränkte der fest verschraubte Helm die Sicht so ein, dass man einem Angriff von der Seite schutzlos ausgeliefert wäre. Die Zweikämpfe, für die diese Rüstungen geschaffen wurden, fanden vor großem Publikum st…Weiterlesen
Krieg als Spiel
Die Rüstungen erscheinen wehrhaft und funktional, waren für den Krieg jedoch völlig ungeeignet. Mit Eisenplatten von bis zu neun Millimetern sind sie viel zu schwer – in der Schlacht verwendete man wesentlich dünnere und leichtere Rüstungen. Zudem schränkte der fest verschraubte Helm die Sicht so ein, dass man einem Angriff von der Seite schutzlos ausgeliefert wäre. Die Zweikämpfe, für die diese Rüstungen geschaffen wurden, fanden vor großem Publikum statt. Sie waren speziell für den Reiterkampf im Turnier bestimmt.
Turniere, die sich in Europa seit dem 12. Jahrhundert aus Wehrübungen der Ritter entwickelt hatten, wurden ab dem 13. Jahrhundert zu immer beliebteren Großevents. Gekämpft wurde nach festgelegten Regeln in unterschiedlichen Disziplinen. Ob zu Fuß oder zu Pferd, zu zweit oder als Gruppenkampf, für jede Form des Kampfes gab es die passende Spezialausrüstung.
Zweikampf im Sattel
Zu den beliebtesten Arten der Reiterspiele gehörte das Stechen, heute der Inbegriff des Ritterturniers. Hierbei preschten zwei Ritter zu Pferd mit der eingelegten Lanze aufeinander zu. Ziel war es, sie an Schild, Lanze oder Harnisch des Gegners zu brechen.
Da die Angriffe ausschließlich von vorne kamen, war nur die Körpervorderseite gepanzert. Auch der Helm war auf Lanzenangriffe von vorne optimiert und senkte das Verletzungsrisiko enorm. Zusätzlich waren die Lanzen vorne abgestumpft und mit einem sogenannten Kröning versehen.
Als Extremform des Stechens entwickelte sich fast zeitgleich das Rennen. Hier wurde mit scharfen Lanzen geritten und auch die Ausrüstung war leichter. Diese waghalsigen Zweikämpfe waren beim Publikum besonders beliebt.
Städtischer Rüstungsverleih
Nachdem die Nürnberger Patrizier von den Adelsturnieren im Umland ausgeschlossen worden waren, gründete die Stadt im 15. Jahrhundert ein eigenes Reiterspiel. Als „Gesellenstechen“ wurde es bis 1561 auf dem Hauptmarkt abgehalten. Anders als der Titel vermuten lässt, beteiligten sich vor allem Söhne der städtischen Oberschicht und nicht Handwerksgesellen an den Schaukämpfen. Um zu verhindern, dass sich jeder für teures Geld eine eigene Rüstung eigens für das Gesellenstechen zulegte, fand der Rat eine Lösung: Er ließ einen eigenen Bestand an Rüstungen anfertigen, die dann für das Turnier ausgeliehen werden konnten. Diese Grundausrüstung wurde dann mit einer individuellen Helmzier und einem Schild in den Farben der Familien ergänzt.
Blind gezeichnet?
Wie kommt ein deutscher Künstler des 16. Jahrhunderts dazu, ein Rhinozeros darzustellen? Exotische Tiere wie diese waren auf dem europäischen Kontinent weitgehend unbekannt. Tatsächlich hat Dürer das Nashorn, das er hier so detailgenau wiedergibt, nie selbst gesehen. Dennoch gibt er das Tier sehr lebensnah wieder. Der massige Körper ist über den kurzen, reptilienartigen Beinen mit einem wehrhaften Panzer geschützt. Buck…Weiterlesen
Blind gezeichnet?
Wie kommt ein deutscher Künstler des 16. Jahrhunderts dazu, ein Rhinozeros darzustellen? Exotische Tiere wie diese waren auf dem europäischen Kontinent weitgehend unbekannt. Tatsächlich hat Dürer das Nashorn, das er hier so detailgenau wiedergibt, nie selbst gesehen. Dennoch gibt er das Tier sehr lebensnah wieder. Der massige Körper ist über den kurzen, reptilienartigen Beinen mit einem wehrhaften Panzer geschützt. Buckel, Grate und warzenartige Erhebungen geben ihm Struktur. Mit einem Muster aus feinen Linien hält Dürer jede Erhebung, jede Vertiefung des Kopfes fest. Dazu gehören kleinste Details wie die feinen Haare an Kinn und Ohren, die Schrunden am Maul und die kleinen Zacken um das Horn auf seiner Nase. Woher wusste der Renaissancekünstler so genau, wie ein Nashorn aussieht?
Ein ungewöhnliches Geschenk
Das Panzernashorn, das Dürer so überzeugend darstellt, stammte aus Indien. Dort hatte es der portugiesische Gouverneur als diplomatisches Geschenk erhalten und an seinen König Manuel I. nach Portugal schicken lassen. Als das Tier am 20. Mai 1515 im Hafen von Lissabon eintraf, verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer. Seit dem dritten Jahrhundert, als römische Herrscher die exotischen Tiere in Wildgehegen hielten, hatte es keine Nashörner mehr in Europa gegeben. Der in Lissabon tätige Buchdrucker, Verleger und Nachrichtenagent Valentin Ferdinand schickte sofort eine Nachricht an die Nürnberger Kaufmannschaft. Seinem ausführlichen Bericht fügte er auch eine heute nicht mehr erhaltene Skizze des Tiers bei. Sie diente Albrecht Dürer in Nürnberg als Vorlage für eine vorbereitende Federzeichnung. Nach ihr schuf er seinen berühmten Holzschnitt.
Sensationslust
Dürer kannte die durch Entdeckungsreisen und den Überseehandel befeuerte Sensationslust seiner Zeitgenossen. Über dem exotischen Tier gab er in der fünfzeiligen Inschrift Passagen aus Ferdinands Bericht wieder. Noch 1515 druckte er in seiner Werkstatt die erste Auflage des Flugblatts, aus der auch dieser Abzug stammt. Andere Künstler brachten eigene Versionen des Nashorns auf den Markt. Keine der Grafiken war so erfolgreich wie die von Dürer. Nach seinem Tod entstanden in den 1540er Jahren und gegen Ende des 16. Jahrhunderts weitere Auflagen. Man erkennt sie an der veränderten sechszeiligen Inschrift. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts prägte Dürers Rhinozeros das Bild, das man hierzulande von diesem exotischen Tier hatte.
Dürers Mutter im Porträt
Dürer zeigt seine Mutter Barbara in rotem Gewand und weißer Haube mit einem über der Schulter drapierten Schleier. Sie erscheint im Brustbild in Dreiviertelfigur vor grünem Grund. In den Händen hält sie als Zeichen ihrer Frömmigkeit eine Gebetskette, den Rosenkranz.
Barbara Holper war die Tochter eines Goldschmieds. Mit nur fünfzehn Jahren heiratete sie den aus Ungarn eingewanderten Albrecht Dürer den Älteren. D…Weiterlesen
Dürers Mutter im Porträt
Dürer zeigt seine Mutter Barbara in rotem Gewand und weißer Haube mit einem über der Schulter drapierten Schleier. Sie erscheint im Brustbild in Dreiviertelfigur vor grünem Grund. In den Händen hält sie als Zeichen ihrer Frömmigkeit eine Gebetskette, den Rosenkranz.
Barbara Holper war die Tochter eines Goldschmieds. Mit nur fünfzehn Jahren heiratete sie den aus Ungarn eingewanderten Albrecht Dürer den Älteren. Dieser war zuvor für einige Jahre Geselle in der Nürnberger Werkstatt ihres Vaters gewesen, um dort das Goldschmiedehandwerk zu lernen. Im Laufe ihres Lebens bekam sie 18 Kinder, von denen jedoch nur drei überlebten: Endres, Hans und Albrecht, der den Namen Dürer weltberühmt machte.
Getrenntes Doppel
Albrecht Dürer fertigte kurz nach seiner Ausbildung bei Michael Wolgemut und noch vor der Gesellenreise ein Doppelbildnis seiner Eltern an. Die beiden Tafelbilder gelten als die ersten Gemälde des Künstlers nach Abschluss seiner Malerlehre. Als persönliche Erinnerungsstücke blieben sie auch nach Dürers Tod für einige Jahrzehnte im Familienbesitz, bis sie in die Kunstsammlung des Nürnberger Ratsherrn Willibald Imhoff gelangten. Das Vaterbildnis wurde zunächst von Kaiser Rudolph II. und schließlich von den Medici für deren Kunstsammlung in Florenz erworben. Das Mutterbildnis blieb zurück und Barbara wurde zur Unbekannten.
Umstrittene Entdeckungen
Dass es sich bei der Dargestellten um Barbara Dürer und bei dem Porträt um das Pendant zum Vaterbildnis aus der Sammlung der Medici handelt, wurde erst in den 1970er Jahren anhand von Inventarnummern der Imhoff-Sammlung auf den Bildrückseiten wiederentdeckt. Spätere kunsttechnologische Untersuchungen bestätigten dies. Im Vergleich zum Bildnis des Vaters wirkt die Malerei beim Porträt der Mutter weniger virtuos, ihre Erscheinung weniger detailreich und realistisch. Daher wurden die Zusammengehörigkeit beider Bildnisse und die Autorschaft Dürers immer wieder angezweifelt. Die Qualitätsunterschiede lassen sich jedoch erklären: Frauen wurden in der Malerei der Zeit insgesamt schematischer dargestellt als Männer, und der junge Dürer orientierte sich an entsprechenden Vorbildern aus der Wolgemut-Werkstatt.
Ist das Spiel für alle da?
Auf dem doppelseitigen Brett sind zwei sehr unterschiedliche Spiele vereint: Mühle und Gänsespiel. Während Mühle rein strategisch ist und keinen Zufall beinhaltet, hängt das Gänsespiel ganz vom Würfelglück ab. Das Objekt wird auf das 1. Drittel des 17. Jahrhunderts datiert und stammt aus dem süddeutschen Raum. Brettspiele waren damals in allen gesellschaftlichen Schichten beliebt. An den Fürstenhöfen bestanden die Bretter a…Weiterlesen
Ist das Spiel für alle da?
Auf dem doppelseitigen Brett sind zwei sehr unterschiedliche Spiele vereint: Mühle und Gänsespiel. Während Mühle rein strategisch ist und keinen Zufall beinhaltet, hängt das Gänsespiel ganz vom Würfelglück ab. Das Objekt wird auf das 1. Drittel des 17. Jahrhunderts datiert und stammt aus dem süddeutschen Raum. Brettspiele waren damals in allen gesellschaftlichen Schichten beliebt. An den Fürstenhöfen bestanden die Bretter aus kostbaren Materialien wie Elfenbein, Ebenholz und Perlmutt. Sie zeigten den Wohlstand ihrer Besitzer. Manche dienten nur der Repräsentation und eigneten sich gar nicht zur Benutzung, weil die Spielsteine zu groß waren. Beliebte Spiele am Hof waren Schach und Tric Trac, das heutige Backgammon. Mühle und das Gänsespiel waren hingegen einfacher zu lernen und galten als Spiele für alle Gesellschaftsschichten.
Gänsemarsch
Laufspiele mit Spiralform existierten schon im alten Ägypten, jedoch taucht speziell das Gänsespiel erstmals im Europa des 15. oder 16. Jahrhunderts auf. Durch Würfeln rückt man vorwärts. Die Spielfelder und ihre Bedeutung variieren zwar, jedoch gibt es wiederkehrende Elemente. Die Gänsefelder ermöglichen, dass man noch einmal zieht. Die Herberge (19) und das Gefängnis (52) bedeuten ein- oder mehrmals aussetzen. Landet man auf dem Labyrinth (42), so muss man einige Felder zurückziehen. Der Tod (58) zwingt zum Neuanfang auf Feld 1. Insgesamt kann man das Spielfeld als Lebensweg deuten, wobei der Ausweg am Ende für das Paradies steht.
In der Zwickmühle
Im Gegensatz zum Gänsespiel basiert Mühle auf Taktik. Ziel ist es, alle Steine des Gegenübers wegzunehmen, indem man Dreierreihen, die sogenannten Mühlen, bildet. Man spielt mit zweimal neun Steinen unterschiedlicher Farbe. Das Spiel könnte aus antiker Zeit stammen, sicher nachweisbar ist es jedoch erst im byzantinischen Europa. Schon im Mittelalter existierten für Mühle – ebenso wie für Schach und Backgammon – Wettaufgaben, die man aus heutigen Zeitungen als Schachrätsel kennt.
Blick in fremde Häuser
Puppenhäuser aus dem 17. Jahrhundert sind äußerst selten. Das GNM besitzt gleich vier Exemplare aus dieser Zeit, von denen das Stromersche Puppenhaus am besten erhalten ist. Der Name rührt von der letzten Besitzerfamilie her, weil die ursprünglichen Auftraggeber nicht bekannt sind. Am Giebel ist als Datierung 1639 vermerkt. Zwar erinnern einige architektonische Details an Nürnberger Häuser des 17. Jahrhunderts, jedoch …Weiterlesen
Blick in fremde Häuser
Puppenhäuser aus dem 17. Jahrhundert sind äußerst selten. Das GNM besitzt gleich vier Exemplare aus dieser Zeit, von denen das Stromersche Puppenhaus am besten erhalten ist. Der Name rührt von der letzten Besitzerfamilie her, weil die ursprünglichen Auftraggeber nicht bekannt sind. Am Giebel ist als Datierung 1639 vermerkt. Zwar erinnern einige architektonische Details an Nürnberger Häuser des 17. Jahrhunderts, jedoch ahmt das Puppenhaus kein reales Gebäude nach. Die einheitliche Größe der Wirtschaftsräume kann nicht der Wirklichkeit entsprechen. Die 15 Zimmer bieten dennoch einen einzigartigen Blick in das Alltagsleben gutbetuchter Kaufleute und Patrizier.
Spiel? Nein, Repräsentation!
Zum Spielen waren solche aufwendigen Puppenhäuser nicht gedacht. Sie waren Prunkstücke, die Gäste beeindrucken sollten, und vor allem didaktische Modelle. Der Idealhaushalt im Miniaturformat bereitete Kinder auf die spätere Haushalts- und Geschäftsführung vor. Der überwiegende Teil der mehr als 1000 Ausstattungsstücke stammt noch aus der Entstehungszeit des Puppenhauses.
Hülle und Fülle
Unten, neben dem großen Eingangsportal, liegen auf zwei Ebenen angeordnet die Wirtschafts- und Vorratsräume: der Stall ganz links und die Waschküche ganz rechts. Darüber sind die Schlafkammer der Mägde sowie die getäfelte Kinderstube mit Bettchen, Spielzeug und einem hölzernen Laufwagen. Im ersten Obergeschoss befindet sich im Treppenhaus ein großer Wäscheschrank und rechts davon die Küche mit offenem Feuer und hohem Rauchfang. Ihre üppige Ausstattung erinnert an die sogenannten Prangküchen, die gar nicht zum Kochen, sondern ausschließlich als Repräsentationsräume dienten. Links ist die komfortable Wohnstube zu sehen, die der Kachelofen im Winter wohlig erwärmte. Den Luxus eines Ofens gibt es auch im zweiten Obergeschoss: links im Schlafzimmer mit Himmelbett, Wiege und Waschkasten und rechts im Empfangsraum. Zu einem begüterten Patrizierhaushalt gehörte eine repräsentative Ausstattung mit qualitätsvoller Kunst. In den oberen Stockwerken sind daher Landschafts- und Jahreszeitengemälde sowie Tugend-Allegorien an den Wänden zu sehen.
Statussymbol Schreibtisch
Barocke Prunkschreibtische aus dem 18. Jahrhundert sind beeindruckende Kunstwerke. Eleganz und Funktionalität vereinend, zeichnen sich die luxuriösen Möbelstücke durch kunstvolle und komplexe Dekorationstechniken und edle Materialien aus. Als Schreib- und Arbeitsfläche wurden sie zwar vorwiegend in Privaträumen aufgestellt und genutzt, fungierten aber zugleich als Statussymbol, indem sie den Stand und vor allem den Reichtum …Weiterlesen
Statussymbol Schreibtisch
Barocke Prunkschreibtische aus dem 18. Jahrhundert sind beeindruckende Kunstwerke. Eleganz und Funktionalität vereinend, zeichnen sich die luxuriösen Möbelstücke durch kunstvolle und komplexe Dekorationstechniken und edle Materialien aus. Als Schreib- und Arbeitsfläche wurden sie zwar vorwiegend in Privaträumen aufgestellt und genutzt, fungierten aber zugleich als Statussymbol, indem sie den Stand und vor allem den Reichtum seiner Besitzer zur Schau stellten.
Auftrag und Ausführung
Ein Kunstschreiner der Spitzenklasse, der die komplizierte Dekoration in Boulle-Technik beherrschte, war Ferdinand Plitzner (1678–1724). Nach seiner Ausbildung in der Ansbacher Hofschreinerei war er in Wien und Würzburg tätig und fertigte den Prunkschreibtisch schließlich um 1715/20 an. Als Materialien verwendete er Eiche und Kiefer sowie Schildplatt, Horn, Messing, Zinn, Kupfer, Perlmutt und verschiedene Hölzer für die Einlegearbeiten. Der Auftraggeber des luxuriösen Möbelstücks ist unbekannt, zählte aber mit hoher Wahrscheinlichkeit zum europäischen Adel.
Die Boulle-Technik
Bei der im frühen 18. Jahrhundert besonders beliebten Dekorationsform in Boulle-Technik kombinierte man Metallfurniere mit anderen Materialien wie Schildplatt oder Perlmutt in kunstvollen Einlegearbeiten, der sogenannten Marketerie. Dabei entstand eine Oberfläche mit besonderem Material- und Farbkontrast in vielseitigen Designs – häufig florale und ornamentale Motive. Benannt ist die Technik nach dem französischen Kunsttischler und Hofebenisten André-Charles Boulle (1642–1732). Dieser diente unter Ludwig XIV. am Hof von Versailles und war für seine innovativen und qualitativen Arbeiten berühmt.
Gezielte Provokation
Man kann sich vorstellen, wie schockierend eine solche Zeichnung vor mehr als 100 Jahren wirkte. Zwar waren unbekleidete Frauen in der Kunst der damaligen Zeit nichts Ungewöhnliches. Meist waren sie aber in allegorischen Rollen und klassischen Posen in eine Bildhandlung eingebunden. Die so unverhüllt erotische Darstellung einer Frau jenseits des klassischen Schönheitsideals war dem Publikum bis dahin fremd.
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Gezielte Provokation
Man kann sich vorstellen, wie schockierend eine solche Zeichnung vor mehr als 100 Jahren wirkte. Zwar waren unbekleidete Frauen in der Kunst der damaligen Zeit nichts Ungewöhnliches. Meist waren sie aber in allegorischen Rollen und klassischen Posen in eine Bildhandlung eingebunden. Die so unverhüllt erotische Darstellung einer Frau jenseits des klassischen Schönheitsideals war dem Publikum bis dahin fremd.
Der österreichische Maler Egon Schiele hatte früh die Wiener Akademie verlassen und ging künstlerisch eigene Wege. Den Großteil seiner Zeichnungen widmete er dem nackten Körper, seiner Erotik und Sexualität. Seine Modelle sind unterschiedslos Männer und Frauen, darunter nackte Schwangere, Mütter und ihre Babies. Im Selbstporträt stellte er auch den eigenen Körper zur Schau. Viele seiner Darstellungen sind offen erotisch. Vor allem die ausgemergelten Körper seiner Modelle und die als obszön empfundenen Posen brechen mit gesellschaftlichen Tabus.
Mit kühnem Strich
In dieser Zeichnung umschreibt Schiele den weiblichen Körper mit wenigen, kraftvoll gesetzten Linien. Die Pose ist fern jeder akademischen Tradition: Mit gespreizten Beinen steht die junge Frau dem Betrachtenden direkt gegenüber. Die seitliche Wendung ihres Oberkörpers, die hoch gezogene Schulter und die gekrümmten Finger erzeugen eine irritierende Ruhelosigkeit. Ihr intensiver Blick unter den dunklen Brauen ist auf ein unsichtbares Ziel gerichtet.
Wenige, wohl kalkulierte Farbakzente verstärken die Spannung, die vom entblößten Körper der Frau ausgeht: Kaum wahrnehmbare Striche von blauer und grüner Deckfarbe verstärken die physische Präsenz der Unbekannten. Mit leuchtendem Orange lenkt Schiele den Blick unverhohlen auf Lippen, Brüste und Scham. Eine zweite, nur in Bleistift gezeichnete Aktfigur befindet sich auf der Rückseite des Blattes.
Der Weg ins Museum
Die Zeichnung kam 1914 – also noch im Jahr ihrer Entstehung – als Geschenk des Künstlers in die Sammlung. Egon Schiele hatte bereits erste Erfolge mit Ausstellungen seiner Werke in Wiener Galerien gehabt. Das Germanische Nationalmuseum war damit eines der ersten Museen, die Werke von Schiele besaßen – noch bevor hier zeitgenössische Kunst systematisch gesammelt wurde. Heute zählt Egon Schiele zusammen mit Oskar Kokoschka und seinem frühen Förderer Gustav Klimt zu den bedeutendsten Künstlern der Wiener Moderne.
Fingerübungen
Studienblätter wie dieses waren nie für das große Publikum bestimmt. Es waren Übungen, Überlegungen auf dem Papier, mit denen sich Caspar David Friedrich seinem Motiv annäherte. Auf diesem Blatt zeichnete er Stämme und Wurzeln von Buchen in verschiedenen Variationen. Er probte die Wirkung einzelner Striche und Schraffuren und arbeitete mit lasierenden Schichten von Wasserfarbe Licht- und Schatteneffekte heraus. Farbmuster am Rand zeigen…Weiterlesen
Fingerübungen
Studienblätter wie dieses waren nie für das große Publikum bestimmt. Es waren Übungen, Überlegungen auf dem Papier, mit denen sich Caspar David Friedrich seinem Motiv annäherte. Auf diesem Blatt zeichnete er Stämme und Wurzeln von Buchen in verschiedenen Variationen. Er probte die Wirkung einzelner Striche und Schraffuren und arbeitete mit lasierenden Schichten von Wasserfarbe Licht- und Schatteneffekte heraus. Farbmuster am Rand zeigen, wie er verschiedene Mischungen aus warmen Grau- und Grüntönen zuerst ausprobierte. Immer wieder versah er seine Zeichnung mit kurzen Notizen, schrieb Beobachtungen auf, markierte mehrfach die Horizontlinie, die gleichzeitig seine eigene Augenhöhe beim Zeichnen wiedergab.
Die Natur als Lehrmeisterin
Dass Künstler ihre Ateliers verließen und ihre Motive im Freien suchten, war neu. Vor allem an der Dresdner Akademie riefen die Professoren ihre Schüler dazu auf. Einer der Protagonisten dieser neuen Bewegung war Adrian Zingg. Der gebürtige Schweizer hatte die künstlerische Naturaneignung in Paris bei Johann Georg Wille kennengelernt, bevor er nach Dresden berufen wurde.
Als Caspar David Friedrich sich 1798 dort niederließ, hatte er seine Ausbildung an der Kunstakademie in Kopenhagen bereits abgeschlossen. Wie damals üblich hatte er vor allem nach Gipsabgüssen antiker Statuen und später nach dem lebenden Modell gezeichnet. Den entscheidenden Impuls, sich intensiv bei Wanderungen und Spaziergängen mit der Natur zu befassen und sie minutiös in Zeichnungen festzuhalten, erhielt er erst im Umkreis der Dresdner Akademie.
Naturdarstellung und Naturerfahrung
Kaum ein Medium ist dafür so gut geeignet wie die Zeichnung. Sie verleitet zum genauen Hinschauen; die intensive Vertiefung in die vielfältigen Erscheinungsformen der Blätter, Gräser und Wurzeln wiederum führt zu einer intensiven Naturerfahrung. Zudem hatten Skizzenbuch, Feder, Tusche, Bleistift und Wasserfarbe in jedem Rucksack Platz. Es war die Zeit, in der Jacques Louis Conté den modernen Bleistift mit verschiedenen Härtegraden entwickelte. Er bot völlig neuartige Ausdrucksformen der Linie.
Caspar David Friedrich unternahm zahllose Wanderungen in der näheren Umgebung von Dresden. Später folgten ausgedehnte Reisen nach Mecklenburg-Vorpommern, vor allem nach Rügen, in den Harz und das Riesengebirge. In seinem Nachlass finden sich rund 1000 Zeichnungen, die meisten von ihnen Landschafts- und Naturdarstellungen. Heute gilt Caspar David Friedrich als einer der größten Meister der romantischen Zeichnung.
Von der Idee zum Werk
Bis ins kleinste Detail entwirft der Goldschmied Wenzel Jamnitzer mit dieser Zeichnung eine reich geschmückte Prunkschale. Solche sogenannten Visierungen waren wichtige Schritte im Werkprozess. Mit ihnen baten Künstler um die Freigabe eines Entwurfs, bevor sie mit der Ausführung begannen. Jamnitzer hatte den Auftrag für den Tafelaufsatz vom Nürnberger Rat erhalten. Am 14. Dezember 1549 bekam er für das fertige…Weiterlesen
Von der Idee zum Werk
Bis ins kleinste Detail entwirft der Goldschmied Wenzel Jamnitzer mit dieser Zeichnung eine reich geschmückte Prunkschale. Solche sogenannten Visierungen waren wichtige Schritte im Werkprozess. Mit ihnen baten Künstler um die Freigabe eines Entwurfs, bevor sie mit der Ausführung begannen. Jamnitzer hatte den Auftrag für den Tafelaufsatz vom Nürnberger Rat erhalten. Am 14. Dezember 1549 bekam er für das fertige Werk die nach damaligen Verhältnissen astronomische Summe von 1228 Gulden und 10 Schillingen. Der Tafelaufsatz zeigt Nürnberger Goldschmiedekunst in höchster Vollendung. Möglicherweise war er als Ehrengeschenk der Stadt für einen kaiserlichen Besuch vorgesehen. Die Prunkschale blieb allerdings zunächst im Besitz des Rats. 1809 kaufte sie der reiche Kaufmann und Marktaufseher Paul Wolfgang Merkel. Seit 1880 befindet sie sich im Rijksmuseum in Amsterdam.
Veränderungen im Bildprogramm
Die Zeichnung lässt ahnen, wie farbig die Goldschmiedearbeit einst war. Heute finden sich nur noch wenige Farbreste auf dem Edelmetall des Tafelaufsatzes. Ein Vergleich von Entwurf und Werk zeigt vor allem, dass Jamnitzer das Bildprogramm grundlegend überarbeitete. Auf der Visierung der Prunkschale war als Schaft Ceres, die römische Göttin der Feldfrüchte und des Wachstums vorgesehen. Die bei Tisch auf dem Tafelaufsatz drapierten Früchte sollten so erscheinen, als seien sie direkt ihrem gewundenen Füllhorn entsprungen. In der Goldschmiedearbeit ersetzte Jamnitzer die römische Göttin durch eine Frauenfigur, die mit erhobenen Armen die breite Schale trägt. Durch eine Inschrift ist sie als „Terra“, als Mutter Erde, gekennzeichnet. Am unteren Rand der Schale fügte Jamnitzer außerdem mehrere Adler hinzu. Als Wappentiere des Reichs könnten sie ein Hinweis darauf sein, dass der Tafelaufsatz tatsächlich für den Kaiser bestimmt war.
Das Werk vieler Hände?
Die Zeichnung in der originalen Größe der Goldschmiedearbeit gibt auch einen Einblick in die Arbeitsweise Jamnitzers: Der Entwurf ist aus fünf unterschiedlichen Papierbögen zusammengesetzt. Dies könnte am begrenzten Bogenformat des handgeschöpften Papiers liegen. Auffällig ist aber auch, dass auf jedem Bogen genau ein Segment des Gefäßes abgebildet ist. Das erleichterte die Arbeit, wenn der Auftraggeber Nachbesserungen forderte – was ja offensichtlich der Fall war. Jamnitzer konnte einfach die entsprechenden Segmente durch neue Teilentwürfe ersetzen, ohne die vollständige Zeichnung mit allen Details wiederholen zu müssen. Der Tafelaufsatz gehört heute zu den bekanntesten Werken des Nürnberger Goldschmieds.