Fingerübungen
Studienblätter wie dieses waren nie für das große Publikum bestimmt. Es waren Übungen, Überlegungen auf dem Papier, mit denen sich Caspar David Friedrich seinem Motiv annäherte. Auf diesem Blatt zeichnete er Stämme und Wurzeln von Buchen in verschiedenen Variationen. Er probte die Wirkung einzelner Striche und Schraffuren und arbeitete miMehr

Fingerübungen
Studienblätter wie dieses waren nie für das große Publikum bestimmt. Es waren Übungen, Überlegungen auf dem Papier, mit denen sich Caspar David Friedrich seinem Motiv annäherte. Auf diesem Blatt zeichnete er Stämme und Wurzeln von Buchen in verschiedenen Variationen. Er probte die Wirkung einzelner Striche und Schraffuren und arbeitete mit lasierenden Schichten von Wasserfarbe Licht- und Schatteneffekte heraus. Farbmuster am Rand zeigen, wie er verschiedene Mischungen aus warmen Grau- und Grüntönen zuerst ausprobierte. Immer wieder versah er seine Zeichnung mit kurzen Notizen, schrieb Beobachtungen auf, markierte mehrfach die Horizontlinie, die gleichzeitig seine eigene Augenhöhe beim Zeichnen wiedergab.

Die Natur als Lehrmeisterin
Dass Künstler ihre Ateliers verließen und ihre Motive im Freien suchten, war neu. Vor allem an der Dresdner Akademie riefen die Professoren ihre Schüler dazu auf. Einer der Protagonisten dieser neuen Bewegung war Adrian Zingg. Der gebürtige Schweizer hatte die künstlerische Naturaneignung in Paris bei Johann Georg Wille kennengelernt, bevor er nach Dresden berufen wurde.
Als Caspar David Friedrich sich 1798 dort niederließ, hatte er seine Ausbildung an der Kunstakademie in Kopenhagen bereits abgeschlossen. Wie damals üblich hatte er vor allem nach Gipsabgüssen antiker Statuen und später nach dem lebenden Modell gezeichnet. Den entscheidenden Impuls, sich intensiv bei Wanderungen und Spaziergängen mit der Natur zu befassen und sie minutiös in Zeichnungen festzuhalten, erhielt er erst im Umkreis der Dresdner Akademie.


Naturdarstellung und Naturerfahrung
Kaum ein Medium ist dafür so gut geeignet wie die Zeichnung. Sie verleitet zum genauen Hinschauen; die intensive Vertiefung in die vielfältigen Erscheinungsformen der Blätter, Gräser und Wurzeln wiederum führt zu einer intensiven Naturerfahrung. Zudem hatten Skizzenbuch, Feder, Tusche, Bleistift und Wasserfarbe in jedem Rucksack Platz. Es war die Zeit, in der Jacques Louis Conté den modernen Bleistift mit verschiedenen Härtegraden entwickelte. Er bot völlig neuartige Ausdrucksformen der Linie.
Caspar David Friedrich unternahm zahllose Wanderungen in der näheren Umgebung von Dresden. Später folgten ausgedehnte Reisen nach Mecklenburg-Vorpommern, vor allem nach Rügen, in den Harz und das Riesengebirge. In seinem Nachlass finden sich rund 1000 Zeichnungen, die meisten von ihnen Landschafts- und Naturdarstellungen. Heute gilt Caspar David Friedrich als einer der größten Meister der romantischen Zeichnung.

Weniger
Titel
Studienblatt mit Buchenwurzeln und Buchenstämmen; verso: Baumwurzeln
Allgemeine Bezeichnung
Zeichnung
Inventarnummer
Hz4154
Sammlung
Druckgraphik-Zeichnungen
Anzahl der Teile
1
Herstellungsdatum
1812
Hersteller
Friedrich, Caspar David (deutsch) GND
Maße
35,7 x 26,0 cm (Blatt)
Material und Technik
Bleistift, Aquarell
Beschreibung
Mehrere Detailaufnahmen halten mit zeichnerischer Perfektion Wurzeln und Stämme von Weißbuchen fest. Feine, durchbrochene Bleistiftlinien und kleine bogenförmige Häkchen bilden ihre Konturen. Kurze und gleichmäßige Schraffuren lassen sie plastisch erscheinen. Transparente Aquarellierungen, vereinzelt in dünnen Schichten aufgetragen, schaffen Licht- und Schattenpartien und charakterisieren die Oberfläche der Baumstümpfe. Wie überlegt Friedrich Farben einsetzte, führen differenzierte Aquarellproben am Blattrand in hellen Grüntönen und verschiedenen Grauabstufungen vor. - Ausst.Kat. Nürnberg 2003, S. 100
Vermerk am Objekt
Inschrift: recto oben, mit Bleistift: Buche / Horizont / Horizont / sehr nahe, eine Buche
recto oben Mitte, mit Bleistift: den 21t März 1812 / im Schatten / Horizont
verso unten links, mit Bleistift von fremder Hand: Caspar David Friedrich f. / † zu Dresden d. 7. Mai 1840 [Nachlassvermerk von Johan Christian Dahl]

Literatur
Helmut Börsch-Supan, Karl Jähnig: Caspar David Friedrich. Gemälde, Druckgraphik und bildmäßige Zeichnungen. München 1973, S. 398, Nr. 207 Link zur Bibliothek
Christina Grummt: Caspar David Friedrich. Die Zeichnungen. Das gesamte Werk. München 2011, Nr. 661 Link zur Bibliothek
Sigrid Hinz: Caspar David Friedrich als Zeichner. Ein Beitrag zur stilistischen Entwicklung und ihrer Bedeutung für die Datierung der Gemälde. 2 Bde., Univ. Diss. Greifswald 1966, Nr. 597
Werner Sumowski: Caspar David Friedrich-Studien. Wiesbaden 1970, S. 73, Abb. 159 Link zur Bibliothek
Caspar David Friedrich. Linie und Transparenz. Ausst.Kat. Centre Culturel du Marais, Paris. Bearb. von Jacqueline Guillaud, Maurice Guillaud. Paris 1984, S. 261, Nr. 233 Link zur Bibliothek
In den hellsten Farben. Aquarelle von Dürer bis Macke aus der Graphischen Sammlung des GNM. Ausst.Kat. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, 16. Oktober 2003 – 25. Januar 2004. Bearb. von Yasmin Doosry und hrsg. von G. Ulrich Großmann. Nürnberg 2003, S. 100, Nr. 42 (Yasmin Doosry) Link zur Bibliothek