Die Zeit im Gepäck
Zu der Zeit, als diese Klappsonnenuhr hergestellt wurde, waren mechanische Räderuhren bereits weit verbreitet. An Kirchtürmen und städtischen Rathäusern gaben sie den Takt des öffentlichen Lebens vor. Trotzdem blieben die zuvor für die Zeitmessung verwendeten Sonnenuhren weiterhin in Gebrauch. Vor allem auf Reisen waren Mehr

Die Zeit im Gepäck
Zu der Zeit, als diese Klappsonnenuhr hergestellt wurde, waren mechanische Räderuhren bereits weit verbreitet. An Kirchtürmen und städtischen Rathäusern gaben sie den Takt des öffentlichen Lebens vor. Trotzdem blieben die zuvor für die Zeitmessung verwendeten Sonnenuhren weiterhin in Gebrauch. Vor allem auf Reisen waren solche leichten und gut transportablen Klappsonnenuhren unentbehrliche Begleiter. Der eingebaute Kompass half bei der für die Zeitbestimmung nötigen Nord-Süd-Ausrichtung.
Klappbare Reise-Sonnenuhren wurden in Nürnberg seit dem späten 15. Jahrhundert hergestellt. Die Reichsstadt war weit über ihre Grenzen für die Qualität der hier produzierten wissenschaftlichen Geräte bekannt. Taschensonnenuhren waren ein gefragter Exportartikel des Nürnberger Fernhandels.

Andere Orte – andere Zeiten
Mobile Zeitmessung auf Reisen brachte ein Problem mit sich: Je nach Breitengrad war der Stand der Sonne ein anderer. Sonnenuhren hatten feste Ziffernblätter, die jeweils nur an einem bestimmten Ort ihre Gültigkeit hatten. Was man leicht verändern konnte, war die Lage des „Zeigers“. Bei solchen Klappsonnenuhren war das ein sogenannter Polfaden, der zwischen Boden und Deckel aufgespannt war, und dessen Schatten die Zeit auf dem Ziffernblatt markierte. Dessen oberes Ende konnte man an verschiedenen Punkten fixieren.
Üblicherweise enthielten Sonnenuhren ein Verzeichnis der Polhöhen für die wichtigsten europäischen Städte. Bei dieser Klappsonnenuhr wird der Deckel zur „Benutzeroberfläche“: Auf der Landkarte, die auf ihm abgebildet ist, konnte man seinen Standort bestimmen und den Polfaden durch die entsprechende Öffnung auf der Mittelachse ziehen. Bei geöffneter Uhr konnte man dann innen die für diesen Breitengrad gültige Uhrzeit ablesen.

Die Karte
Der Hersteller dieser Sonnenuhr war aller Wahrscheinlichkeit nach Erhard Etzlaub, einer der bedeutendsten Nürnberger Instrumentenbauer seiner Zeit. Bereits 1500 hatte er eine Landkarte entworfen, die vor allem Pilgern im Heiligen Jahr die Hauptwege quer durch Europa nach Rom aufzeigte. Auch die Landkarte auf dem Deckel der Sonnenuhr hatte offenbar vor allem pilgernde Christen im Blick. Sie ist, wie damals üblich, nach Süden ausgerichtet und reicht von Skandinavien bis nach Afrika. Neben Rom und Santiago de Compostela ist am linken oberen Rand auf Höhe des 30. Breitengrads „Mons Sinai“ eingezeichnet. Das am Berg Sinai gelegene Katharinenkloster war ein weiteres wichtiges Pilgerziel des Mittelalters.
 

Weniger
Allgemeine Bezeichnung
Klappsonnenuhr
Inventarnummer
WI28
Sammlung
Wissenschftl. Instr.-Waffen-Pharmazie
Anzahl der Teile
1
Herstellungsort
Nürnberg
Herstellungsdatum
1511
Hersteller
Etzlaub, Erhard (deutsch)
Maße
H. aufgeklappt 12cm; B. 8,4cm; T. 11,4cm
Material und Technik
Buchsbaumholz, geschnitten, punziert, farbig ausgelegt
Messing
Standort
Dauerausstellung Wissenschaftliche Instrumente
Literatur
Ernst Zinner: Deutsche und niederländische Instrumente astronomische Instrumente des 11. bis 18. Jahrhunderts, München 1967, S. 310. Link zur Bibliothek
Bruno Kyewski: Über die Mercator-Projektion, in: Duisburger Forschungen. Schriftenreihe für für Geschichte und Heimatkunde 6 (1962), S. 124-125.
Leo Bagrow/R. A. Skelton: Meister der Kartographie, Berlin 1973, Sp. 191-192, Abb. 48. Link zur Bibliothek
500 Jahre Regiomontan – 500 Jahre Astronomie, Ausst. Kat. Stadt Nürnberg und Kuratorium „Der Mensch und der Weltraum e.V.“, in Zusammenarbeit mit dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, hg. von Henning Lothar, Nürnberg 1976, S. 80. Link zur Bibliothek
Hans Sachs und die Meistersinger in ihrer Zeit. Ausst. Kat. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, hg. von Johannes Willers, Nürnberg 1981, Kat. Nr. 16 [Johannes Willers]. Link zur Bibliothek
Schätze der Astronomie. Arabische und deutsche Instrumente aus dem Germanischen Nationalmuseum, Ausst. Kat. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, hg. von Gerhard Bott, bearb. von Johannes Willers und Karin Holzamer, Nürnberg 1983, Kat. Nr. 10. Link zur Bibliothek
Focus Behaim-Globus. Ausst. Kat. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, hg. von Gerhard Bott, bearb. von Johannes Willers u.a., Nürnberg 1992, Bd. 2, Kat. Nr. 2.27. Link zur Bibliothek
Brigitte Englisch: Erhard Etzlaub's Projection and Methods of Mapping, in: Imago Mundi 48 (1996), S. 103-123.

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