Es klingelt und funkelt
Jedesmal, wenn die Trägerin dieser Goldhaube den Kopf wandte, ertönte ein zartes Klingeln, und die Flindern glänzten und funkelten. Flindern sind kleine Metallplättchen, ähnlich den heutigen Pailletten. Die Basis dieses Kopfschmucks bildet eine geknüpfte Seidenhaube, die mit einem Leinenpolster in Form gebracht ist. Aus der Oberfläche ragen unzählige, mit Seidenfäden umwundene Drahtstifte heraus, in die die vergoldeten KupferpWeiterlesen

Es klingelt und funkelt
Jedesmal, wenn die Trägerin dieser Goldhaube den Kopf wandte, ertönte ein zartes Klingeln, und die Flindern glänzten und funkelten. Flindern sind kleine Metallplättchen, ähnlich den heutigen Pailletten. Die Basis dieses Kopfschmucks bildet eine geknüpfte Seidenhaube, die mit einem Leinenpolster in Form gebracht ist. Aus der Oberfläche ragen unzählige, mit Seidenfäden umwundene Drahtstifte heraus, in die die vergoldeten Kupferplättchen eingehängt sind. Sie waren dadurch beweglich und erzielten so die besonderen visuellen und akustischen Effekte. Die im Nacken gebundenen Bänder blieben beim Tragen unsichtbar. Sie gaben dem Kopfputz Halt.

Mode für den ersten Stand
Die Menschen in Nürnberg waren im 17. Jahrhundert in fünf Stände eingeteilt, von denen die ersten vier allerdings nur ca. 1% der Bevölkerung ausmachten. Kleiderordnungen regelten genau, welcher Stand wann welche Kleidung und Schmuck tragen durfte. In einer Nürnberger Kleiderordnung von 1657 stand explizit, dass eine Flinderhaube mit „eingehängten Plättlein“ Frauen des ersten Stands vorbehalten war. Es gab auch Flinderhauben mit „aufgehefften“ – also festgenähten – „Plättlein“, bei denen das Spiel mit den Lichtreflexen aber längst nicht so wirkungsvoll war. Diese schlichtere Haube durften Frauen bis in den dritten Stand tragen.


Traditionsbewusst oder altmodisch?
Die Flinderhaube galt im 17. Jahrhundert als ehrbar und standesbewusst, aber auch als konservativ. Statt zum althergebrachten „teutschen Habit“ zu greifen, kleidete sich die modebewusste Nürnbergerin nun lieber nach französischer Art. Und während es früher vorgeschrieben war, dass verheiratete Frauen ihre Haare komplett mit einer Haube bedecken mussten, trugen sie nun haarsichtige Kopfbedeckungen wie Hut und Barett. Die Flinderhaube kam 1859, nur wenige Jahre nach der Gründung, in die Sammlung des Germanischen Nationalmuseums.

 

Weniger lesen
Titel
Goldhaube einer Nürnberger Patrizierin (Flinderhaube)
Allgemeine Bezeichnung
Kopfbedeckungen (Damen)
Inventarnummer
T35
Sammlung
Textilien-Schmuck
Klassifikation
Kopfbedeckung Damen
Anzahl der Teile
1
Herstellungsdatum
1650-1700
Herstellungsort
Nürnberg
Standort
Dauerausstellung Renaissance, Barock, Aufklärung
Maße
H. 31 cm, B. 43 cm, T. 19 cm
Material und Technik
Seide, gelb, Knüpftechnik, Flindern Metall, geklöppelte Metallborten, Polsterung
Technologische Angaben:
Obermaterial: dreidimensionale Arbeit in Makrameeknüpfung
(1) Seide, gelb, 12 – 14-fach, Einzelfaden 2z/S
(2) Schnur aus Leinenseele, 2z/S, in dichter Z-Drehung umwickelt mit Seide, 2z/S
(3) Draht, Kupfer, rein, versilbert, vergoldet*
(4) Flinder, birnenförmig, Kupfer-Silberlegierung, versilbert, vergoldet; gestanzt, gelocht
Das Grundgeflecht besteht aus je zwei Fäden (1) und (2), die sich leinwandartig kreuzen. An den Kreuzungspunkten der umwickelten Schnüre (2) sind diese zu jeweils 1,2 cm langen Stäbchen geknüpft, zusammen mit dem Metalldraht, der an der Spitze der Stäbchen eine Schlaufe bildet und eine Flinder aufnimmt. Dann wird das Stäbchen ins Grundgeflecht zurückgeführt.
Anfang der Knüpfarbeit aus Leinenband, naturfarben, Leinwandbindung ripsartig, Breite: 1,2 cm; Leinengewebe, naturfarben, Leinwandbindung (wie Polsterung (1)); Leinenzwirn, weiß, 2z/S
Abschluss der Knüpfarbeit durch Schlingenbildung von Obermaterial (1), Zusammenfassen der Schlingen mit einem Seidenbändchen, gelb, Leinwandbindung ripsartig

Polsterung/Wattierung
einliegender Wulst (1) und (2)
(1) Leinen, naturfarben, Leinwandbindung
(2) Bastfaser, ungefärbt, unversponnen

Verzierungen
Einfassung der vorderen Kante (1) und (2)
(1) Klöppelborte, Metallfäden, goldfarben:
Metalllahn in S-Drehung um Seidenseele, 2z/S in zwei Stärken; Lahn, goldfarben, ca. 1 mm breit; B. 2,5 cm
(2) wie (1), B. 0,7 cm

Maße
H. 31 cm, B. 43 cm, T. 19 cm

Sie finden das Objekt in der Dauerausstellung mit der Nummer 1: Dauerausstellung Renaissance, Barock, Aufklärung

Goldhaube einer Nürnberger Patrizierin
Gold Sequined Bonnet
Flinderhaube
Headgear