Lebkuchen, Honig und Wein
Zu diesem Pokal aus dem Jahr 1683 gehört ein weitgehend identischer Zwilling. Die zwei Trinkgefäße bestehen aus teilweise vergoldetem Silber mit Resten einer Bemalung und sehen aus wie Bienenkörbe. Der kuppelförmige Deckel ist abnehmbar. Die Pokale besitzen je einen runden Fuß mit BlumendekoWeiterlesen

Lebkuchen, Honig und Wein
Zu diesem Pokal aus dem Jahr 1683 gehört ein weitgehend identischer Zwilling. Die zwei Trinkgefäße bestehen aus teilweise vergoldetem Silber mit Resten einer Bemalung und sehen aus wie Bienenkörbe. Der kuppelförmige Deckel ist abnehmbar. Die Pokale besitzen je einen runden Fuß mit Blumendekor. Den unteren Teil des Schafts bildet ein bärtiger Mann, der in seiner rechten Hand einen Lebkuchen hält. Mit der Linken stützt er ein großes Schild mit dem Trinkspruch: „1683 / Auß Diesen Bienenkorb / Trincket herumen: / Biß alle beydte zusamen kumen. / Zum Angedencken der kleinen Bienlein / Trincken wir auß / diesem Bienkorb / den Wein.“ Beide Pokale sollten entgegengesetzt am Tisch herumgereicht werden, bis sie sich wiedertrafen. Sie gehörten den Nürnberger Lebküchnern, deren wichtigster Rohstoff der Honig war.

Die Handwerksherberge
Wie alle Nürnberger Handwerke hatten auch die Lebküchner eine Herberge, in der sie sich regelmäßig trafen. Dabei gab es sehr unterschiedliche Ausprägungen: Manche Handwerke hatten nur einen Tisch in einem Gasthaus, andere, wie etwa die Metzger, konnten sich eine eigene Immobilie leisten. In der Herberge verwahrten sie ihr Gemeinschaftsgut und trafen sich regelmäßig, etwa zum zeremoniellen Trunk. Das geringe Fassungsvermögen der Bienenkorbpokale zeigt, dass bei geselligen Treffen nicht immer große Mengen an Alkohol konsumiert wurden. Gemeinschaft, beruflicher Austausch und Tradition standen im Vordergrund. Auch die Lebküchner übernahmen – wie die meisten Handwerksvereinigungen – selbstbewusst Trinksitten des Patriziats.

Ein Handwerk wird selbständig
Viele Städte produzierten Lebkuchen, doch Nürnberg war und ist besonders bekannt dafür. Grundlage des Handwerks war der Wildbienenhonig aus den Nürnberger Wäldern und die günstige Verkehrslage der Stadt, die schon früh den überregionalen Vertrieb ermöglichte. Seit 1395 stellen spezialisierte Bäcker in Nürnberg Lebkuchen her. Erst 1643 gelang diesen die Trennung vom Bäckerhandwerk und die Anerkennung als „geschworenes Handwerk“.

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Titel
Pokal des Nürnberger Lebküchnerhandwerks (Teil eines Paares)
Allgemeine Bezeichnung
Pokal aus vergoldetem Silber
Inventarnummer
Z2532
Sammlung
Kunsthandwerk II (1500-1800)
Anzahl der Teile
1
Herstellungsort
Nürnberg
Herstellungsdatum
1683
Hersteller
Höfler, Nicolaus Hieronymus (Meister 1681, gest. 1738) (deutsch)
Maße
H. 30 cm, Dm. Fuß 9 cm; Dm. 8 cm (Lippenrand)
Material und Technik
Silber, vergoldet
Standort
Derzeit nicht ausgestellt
Beschreibung
Die Silberarbeit ist Teil eines Paares aus zwei weitgehend identisch gefertigten Trinkgefäßen. Er besitzt die Gestalt eines Bienenkorbs, womit auf den wichtigsten Rohstofflieferanten der Lebküchnerei angespielt wird. Die Kalotte des oben runden Korbs ist abnehmbar und dient als Deckel. Das Gefäß steht auf einem runden, hochgewölbten Fuß mit gewelltem Standring und Blumendekor. Ein glattes Schaftstück leitet über zur ebenfalls gewellten Standfläche der Schaftfigur, eines bärtigen Mannes, der in seiner rechten Hand einen Lebkuchen hält. Mit der linken stützt er ein großes Schild mit dem Trinkspruch: „1683 / Auß Diesen Bienenkorb / Trincket herumen: / Biß alle beydte zusamen kumen. / Zum Angedencken der kleinen Bienlein / Trincken wir auß / diesem Bienkorb / den Wein.“ Beide Pokale sollten demnach entgegengesetzt am Tisch, etwa zum zeremoniellen Trunk bei einer Zeche, herumgereicht werden, bis sie wieder aufeinander trafen.
Vermerk am Objekt
Inschrift: 1683 / Auß Diesen Bienenkorb / Trincket herumen: / Biß alle beydte zusamen kumen. / Zum Angedencken der kleinen Bienlein / Trincken wir auß / diesem Bienkorb / den Wein. (1683)

Literatur
Anke Keller: Die Trinkrequisiten der Nürnberger Lebküchner im Germanischen Nationalmuseum. In: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 2014. Nürnberg 2015, S. 157-168.
Birgit Schübel: Drei Pokale der Nürnberger Lebküchner. In: ZÜNFTIG! Geheimnisvolles Handwerk 1500-1800. Katalog zur Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg 21.3.-7.7.2013, hrsg. von Thomas Schindler, Anke Keller und Ralf Schürer. Nürnberg 2013, S. 182f., Kat. 3.26.
Nürnberger Goldschmiedekunst 1541-1868. Bd. 1 Meister - Werke- Marken, Nürnberg 2007, Nr. 367.01
Nürnberger Goldschmiedekunst 1541-1868. Bd. 2 Goldglanz und Silberstrahl. Zugleich Katalog der Ausstellung in Nürnberg 2007. Nürnberg 2007; S. 97 u. S. 288
Schätze deutscher Goldschmiedekunst von 1500 bis 1920 aus dem Germanischen Nationalmuseum. Katalog der Ausstellung in Nürnberg, Ingolstadt, Hanau und Lüneburg 1992, Berlin 1992, Kat. 179 Link zur Bibliothek
Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 1992, S. 293-294 (Erwerbsbericht, Claudia Siegel-Weiß)
Lorenz Seelig, Barbara Hardtwig und Peter Volk: Modell und Ausführung in der Metallkunst. Kat. zur Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum München 1989. München 1989, Nr. 14
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